Der Schlaganfall – Diese Anzeichen und Vorboten kündigen ihn an
Mit einem einfachen Test lässt er sich leicht identifizieren und bestimmte Symptome können Monate im Voraus auf einen drohenden Anfall hinweisen. Ein Neurologe erklärt, warum er oft gar nicht so schlimm ist wie sein Ruf!
Vor einigen Jahren veränderte ein Schlaganfall mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben für immer! Mittlerweile können 50 Prozent aller 270.000 jährlichen Patienten eine Woche danach bereits wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden, so Prof. Dr. Schäbitz, Chefarzt der Klinik für Neurologie am Evangelischen Klinikum Bethel. Welche Behandlungsoptionen es gibt und warum ein Schlaganfall bei effektiver Behandlung viel von seinem Schrecken verliert, erklärt der Mediziner in unserem Podcast.
Wie ist ein Schlaganfall zu erkennen?
Damit die besten Chancen auf Genesung bestehen, muss die Erkrankung zunächst möglichst früh erkannt werden. „Wie der Name schon sagt, tritt er schlagartig auf, sodass er in der Regel bemerkt wird“, sagt Prof. Dr. Schäbitz. Ein ischämischer Schlaganfall, eine Verstopfung der Arterien im Gehirn, ist in 75 Prozent aller Fälle Auslöser für neurologische Symptome wie Lähmungen im Gesicht und an den Armen, Sprach- und Sehstörungen sowie Schwindelgefühle.
Bei 15 Prozent der Patienten liegt ein hämorrhagischer Schlaganfall vor. „Wie bei einem Bluterguss“ platzen dabei kleine Adern und führen zu einer Hirnblutung, die ebenfalls die genannten Symptome verursacht, so Prof. Dr. Schäbitz. Bei Verdacht auf einen Hirninfarkt kann ein einfacher Test durchgeführt werden.
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Was ist der FAST-Test?
Der FAST-Test ist Eselsbrücke und Testmethode zugleich, mit der sich die häufigsten Schlaganfall-Anzeichen leicht bemerken und überprüfen lassen. Das „F“ steht für „Face“, das Gesicht. Zunächst wird geprüft, ob schiefe, herabhängende Mundwinkel zu erkennen sind. Weiter geht es mit den Armen, für die das „A“ steht. Es wird geprüft, ob die Person beide Arme hochhalten kann, ohne dass einer absackt. Die ersten beiden Prüfungen beziehen sich entsprechend auf mögliche Lähmungen.
Das „S“ steht für „speech“, die Sprache. Das Nachsprechenlassen eines Satzes offenbart, ob die Sprache verwaschen oder unverständlich ist. Das „T“ steht im FAST-Test für „Time“, die Zeit. So wird daran erinnert, dass bei diesen Anzeichen schnellstmöglich gehandelt werden muss! Die Deutsche Schlaganfall-Hilfe bietet diesen Test in mehreren Sprachen auch als Smartphone-App an, um bei Unsicherheit oder Aufregung trotzdem die wichtige Erste Hilfe und eine Behandlung einleiten zu können.
Was sind erste Anzeichen für einen Schlaganfall?
Wenn ein Patient die vorher genannten Anzeichen beobachten kann, besteht „eine fast 100-prozentige Chance“, einen Anfall zu erkennen, so Prof. Dr. Schäbitz. Nicht immer treten Anzeichen jedoch zusammen oder in bestimmter Reihenfolge auf. Auch bei einem erneuten Schlaganfall müssen sie nicht zwangsläufig gleich sein. Daher gilt bereits bei geringer Symptomatik: schnellstmöglich in ein Krankenhaus mit einer Stroke Unit, einer auf Schlaganfälle spezialisierten Station.
Doch ein Problem bleibt: Nur in seltenen Ausnahmefällen lassen sich Sonderformen eines nahenden Anfalls akut im Voraus beobachten. Ein Mini-Schlaganfall kann jedoch zumindest bereits einige Monate zuvor einen drohenden Hirninfarktankündigen.
Was ist ein Mini-Schlaganfall?
Je nachdem wie lange und in welcher Größe die Verstopfung der Hirnarterien besteht, muss es nicht immer zu klassischen Symptomen eines akuten Schlaganfalls kommen. Einige Hinweise, die im Alltag schnell unter „Ach, das war doch nichts Schlimmes.“ abgetan werden, wie Prof. Dr. Schäbitz sagt, können auf einen Mini-Schlaganfall, eine sogenannte transitorische ischämische Attacke (TIA) hinweisen. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine kurzzeitige Durchblutungsstörung im Gehirn, die sich zunächst wieder von selbst löst.
Wie erkenne ich eine TIA?
Kurze Schwindelphasen, Händezittern oder leichtes Lallen können neben Lähmungen und den genannten neurologischen Ausfällen als Symptome eine TIA anzeigen. Patienten sollten sie ernst nehmen, da sie bereits als leichter Schlaganfall bezeichnet werden und Vorbote eines regulären Anfalls sein können, so die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft. Eine Behandlung ist bei einer TIA daher enorm wichtig!
Wie lange dauert eine TIA?
Merkmale einer TIA bilden sich in der Regel innerhalb von ein bis maximal zwei Stunden zurück, so Prof. Dr. Schäbitz. Eine Hirnblutung, der zweite Schlaganfalltyp, kann entsprechend ausgeschlossen werden. Aufgrund des kurzen Zeitraums verstärkt sich aber die Gefahr, dass die TIA als Erkrankung nicht ernst genommen wird und keine Behandlung stattfindet.
Ist eine TIA im MRT sichtbar?
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie weist jedoch darauf hin, dass auch eine ischämische Attacke in einer Stroke Unit mit einem MRT abgeklärt werden muss. Die Sichtbarkeit hängt von komplexen Faktoren ab, sodass sie von „gar nicht bis hin zu mehreren Tagen oder sogar über mehrere Wochen hinweg“ schwanken kann, so Prof. Dr. Schäbitz.
Bei einem schweren Schlaganfall ist die Verstopfung oder eine Hirnblutung jedoch nahezu immer zu erkennen. Das MRT ist damit neben der Anamnese eins der wichtigsten Diagnoseinstrumente einer Stroke Unit.
Wie unterscheidet sich ein Schlaganfall vom Herzinfarkt?
Obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie ein Herzinfarkt einerseits und ein Schlaganfall andererseits meist dieselbe Ursache, eine Verstopfung von Arterien, haben, zeichnen sie sich durch völlig andere Merkmale aus. Während beim Herzinfarkt praktisch immer Schmerzen an einer zentralen Stelle des Körpers spürbar sind, sind die Ausfallsymptome eines Schlaganfalls typischerweise schmerzlos. Durch gute Aufklärungsarbeit ist die Erkennungsrate in der deutschen Gesellschaft enorm angestiegen.
Auch ist die Forschung mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die Patienten in vielen Fällen ohne bleibende Schäden weiterleben können. Prof. Dr. Schäbitz betont, dass mit Rehabilitationsmaßnahmen circa 70 Prozent der Betroffenen nach einem Hirninfarkt mit wenigen bis keinen Symptomen leben.
Der erste Schlaganfall ist dazu häufig ein „Weckruf“ und hat so einen positiven Einfluss auf den weiteren Lebensstil, da Patienten einen weiteren Schlaganfall natürlich vermeiden wollen. In Kombination mit den meist guten Behandlungsaussichten führt dies dazu, dass „ein Schlagfall eigentlich gar nicht so schlimm ist, wie er allgemein wahrgenommen wird“, so der Neurologe.