Suche ausblenden close

Kontakt

 

Service-Telefon

0800 1060100

Mo-Fr: 7.00 - 20.00 Uhr
Sa: 9.00 - 14.00 Uhr
Rückruf-Service
ServiceApp

E-Mail

Nutzen Sie unser Kontaktformular, um uns eine Nachricht zu senden: Kontaktformular

Geschäftsstellen

 

Für eine schnelle Bearbeitung Ihrer Anliegen nutzen Sie bitte unsere zentrale Postanschrift:

Heimat Krankenkasse
Herforder Straße 23
33602 Bielefeld

Übersicht Geschäftsstellen

Datum:04.10.2022 - Kategorie:Familie
Lesedauer:ca. 15 Min.

Kreidezähne bei Kindern – die neue Volkskrankheit?

„Kreidezähne“ sind poröse, verfärbte Zähne, die beim Essen und Zähneputzen schmerzen können. Laut Studien leiden immer mehr Kinder schon im Milchzahnalter an einem Zahnschmelzdefekt. Was das genau ist und wie er behandelt wird, lesen Sie im Artikel.

Zora ist sechs Jahre alt. Mit großen Augen setzt sie sich zögerlich in den Behandlungsstuhl des Zahnarztes. Zora hat Kreidezähne, das weiß sie erst seit Kurzem. Und sie hat Angst vor noch mehr Schmerzen.

Wie häufig kommen Kreidezähne vor?

Kinder und Jugendliche, die an sogenannten Kreidezähnen erkrankt sind, klagen oft über schmerzempfindliche Zähne. Der daraus folgende Zahnarzt-Besuch endet dann mit entsprechender Diagnose: Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH. Sie betrifft mittlerweile jedes 7. Kind, wie in der 5. Deutschen Mundgesundheitsstudie zu lesen ist.

Auch die Zahnmedizinerin Dr. Birgit Oberhuber versorgt kleine Patienten wie Zora mit der Diagnose MIH in ihrer Praxis im Münchner Umland. „Besonders in den letzten zehn Jahren ist mir eine subjektive Zunahme dieser Hypomineralisation aufgefallen“, sagt sie. Besonders betroffen seien die Sechsjahresmolaren, die ersten bleibenden Backenzähne. Bei gut 30 Prozent der Kinder, die sie behandelt, finde sie „mindestens einen Zahn, der von Hypomineralisation betroffen ist“.

Das deckt sich mit den Zahlen aktueller Studien zum Thema. Fast jedes dritte 12-jährige Kind ist von MIH betroffen. Grundsätzlich kann es jedoch alle Zähne treffen, Milch- sowie bleibende Zähne. Weniger bekannt ist, dass der Zahnschmelzdefekt bereits bei Kleinkindern auftreten kann. Sind die Milchzähne unzureichend mineralisiert, handelt es sich um die sogenannte Milchmolaren-Hypomineralisation (MMH).

Was sind Kreidezähne? Wie sehen Kreidezähne aus?

MIH Zähne erkennen Experten an weißlich-cremefarbenen bis gelb-braunen Verfärbungen auf der Zahnoberfläche. Die kranken Zähne können bereits porös sein, manchmal zeigen sich Furchen auf der Oberfläche. Zumeist sind die betroffenen Zähne höchst empfindlich – es tut weh, wenn Heißes und Kaltes mit an MIH erkrankten Kinderzähnen in Kontakt kommt. In schweren Fällen fehlen ganze Teile des Zahnschmelzes oder sind abgesplittert.

Wie werden Kreidezähne diagnostiziert?

Etwa ab dem 6. Lebensjahr brechen die bleibenden Zähne durch. Der  Zahnarzt stellt bei einer Routineuntersuchung fest, ob bei den Kinderzähnen eine Mineralisationsstörung vorliegt. Ist das der Fall, definiert der Arzt den Schweregrad der Krankheit. Dafür bedient er sich einer Indexierung von 1 bis 4 oder Schweregraden von I bis III. Der Zahnarzt untersucht, ob die betroffenen Zähne überempfindlich sind und der Zahnschmelz defekt ist. Grundsätzlich gilt: je größer und dunkler die Flecken auf den MIH Zähnen, desto ausgeprägter die Mineralisationsstörung.

Zahnarzt Dr. Pijahn verrät, was bei Kreidezähnen zu tun ist

Bitte akzeptieren Sie Marketing-Cookies, um sich das Video anzuschauen.

Wie entstehen die porösen, verfärbten Zähne?

Um das Leid betroffener Kinder zu lindern, muss die Forschung die Krankheit MIH zuerst einmal verstehen. Ihr Ursprung scheint in der Zeit zu liegen, in der die Zähne unbemerkt im Kiefer mineralisieren. Dieser Prozess findet im menschlichen Gebiss zwischen dem 8. Schwangerschaftsmonat und dem 4. Lebensjahr statt. Bei MIH Zähnen komme es in dieser Zeit zu Problemen, erklärt Dr. Stefan Zimmer, Professor für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin, dem Magazin „Eltern Family“. Das Ergebnis sei „ein Zahnschmelz, der einen Proteinanteil von 20 statt normalerweise zwei Prozent hat“.

Was sind die Ursachen von Kreidezähnen?

Als mögliche Ursachen kommen unter anderem Infektionskrankheiten wie Mumps oder Masern, stoffwechsel- oder ernährungsbedingte Störungen im Mineralstoffhaushalt, Vitamin-D-Mangel, eine Belastung der Muttermilch mit Dioxin oder polychlorierten Biphenyl (PCB) – vor allem wenn über den 9. Lebensmonat hinaus gestillt wird – oder Lungenerkrankungen, wie etwa frühkindliches Asthma, infrage. Auch Amoxicillingaben im frühen Kindesalter oder in der Schwangerschaft scheinen einen Einfluss auf die Entstehung solcher Zahnhartsubstanzfehlbildungen zu haben. Die Ursache konnte bislang nicht eindeutig ermittelt werden, sodass Experten von einem multifaktoriellen Geschehen ausgehen. Die meisten folgen jedoch einer anderen Spur.

Ein Forschungsansatz – sind Weichmacher die Ursache?

Die französische Molekularbiologin Sylvie Babajko wies einen Zusammenhang zwischen dem Weichmacher Bisphenol A (BPA) und der Entstehung von menschenähnlichen Kreidezähnen bei Ratten nach. Sie fand heraus, dass BPA wie eine Art hormoneller Schadstoff wirkt. Dieser greift in den Hormonhaushalt ein, was sich nachhaltig auf den Prozess der Zahn-Mineralisierung auswirkt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält diesen Zusammenhang derzeit noch nicht für auf den Menschen übertragbar.

Ich halte den Ansatz von Sylvie Babajko sogar für sehr beachtenswert. (Dr. Birgit Oberhuber, Zahnmedizinerin)

Dr. Birgit Oberhuber hält Umweltgifte als Ursache von MIH für „sehr plausibel“. In ihrer Kindheit habe sie in erster Linie aus Glasgefäßen getrunken. Mittlerweile würden zumeist Kunststoffgefäße genutzt. „Das fängt bei den Säuglingsfläschchen ja schon an“, ergänzt die Medizinerin.

Es erstaunt nicht, dass die Diagnosen von Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation in den 1990er-Jahren vermehrt zunahmen: Die ersten Kunststoffflaschen kamen in Deutschland Ende der 1980er-Jahre auf den Markt.

Im Alltag ist es nach wie vor nicht leicht, Bisphenol A aus dem Weg zu gehen. Neben Getränke- und Konservendosen steckt es in Verpackungen, Plastikgeschirr, in Parkscheinen und sogar in manchen Kassenbons. Durch Laboruntersuchungen ließ sich BPA beim Menschen in Blut, Urin, Fruchtwasser und Gebärmuttergewebe nachweisen.

Was kann man gegen Kreidezähne tun?

Wenn die Zähne Ihres Kindes erste Anzeichen wie weiße bis gelblich-bräunliche Verfärbungen zeigen und extrem schmerzempfindlich sind, ist ein Zahnarzt-Besuch unerlässlich. Ist die Diagnose MIH gestellt, kann Ihrem Kind geholfen werden. Solange kein Schaden vorliegt, seien „Fissurenversiegelung, Fluoridierung und Erläuterung einer geeigneten Mundhygiene“ die ersten Schritte der Behandlung, so Dr. Birgit Oberhuber.

Wenn der Zahn bereits beschädigt ist, würde der Hohlraum mit speziellen, unbedenklichen Kunststoffen gefüllt. Bei größeren Defekten und entsprechendem Alter empfiehlt Oberhuber als Behandlung eine Überkronung des Zahnes. Das sei allerdings erst möglich, wenn das Kind in der Lage ist zu kooperieren. In der Fachliteratur würde oft das Ziehen dieser Zähne empfohlen. Das sei für sie allerdings das letzte Mittel.

Welche Zahnpasta bei Kreidezähnen?

Kreidezähne haben einen unvollständig ausgebildeten Zahnschmelz. Der Zahnschmelz gesunder Zähne besteht normalerweise aus ca. 97 Prozent Hydroxylapatit. Der Hauptbestandteil von Hydroxylapatit ist unter anderem Kalzium. Ein Zahnschutz-Gel, z.B. Kinder Karux zahnschutz-Gel von Dr. Wolff enthält Kalzium, Xylit und hoch dosierten Hydroxylapatit (BioHAP). Dieser ist dem Hauptbestandteil des natürlichen Zahnschmelzes nachgebildet.

Durch die regelmäßige Anwendung wird das Defizit an Kalzium aufgefüllt und eine Schutzschicht auf den Zähnen aus Hydroxylapatit gebildet. Diese Remineralisierung schützt die Kreidezähne auch vor Karies und reduziert die Empfindlichkeiten sowie Schmerzen. Kinder Karex Zahnschutz-Gel kann mit jeder Zahnpasta kombiniert werden. Der Hersteller empfiehlt, das Zahnschutz-Gel abends nach dem Zähneputzen aufzutragen und über Nacht einwirken zu lassen.

Wie kann man Kreidezähnen vorbeugen?

Viele Eltern achten darauf, dass sich die Kleinen regelmäßig die Zähne putzen. Sie nutzen einmal wöchentlich Fluorid-Gel und achten auf eine zuckerarme Ernährung. Der regelmäßige Zahnarzt-Besuch ist Ehrensache. All das helfe, Karies vorzubeugen, erklärt Dr. Birgit Oberhuber. Und das ist auch gut so, da von MIH betroffene Zähne wegen des angegriffenen Zahnschmelzes anfälliger sind für Karies.

Ob diese Maßnahmen allerdings gegen das Auftreten von MIH helfen, bleibt höchst fraglich. Die Phase der Mineralisierung der bleibenden Zähne ist meist vorüber, wenn sich die ersten Anzeichen von MIH zeigen. Dann kann nur noch symptomatisch behandelt werden. Auch wenn Eltern nicht viel tun können, einen Rat hat Oberhuber: „Der Verzicht auf Kunststoffflaschen war für mich die erste Maßnahme bei meinen eigenen Kindern, um mögliche MIH zu vermeiden. Und das empfehle ich auch anderen Eltern.“

Volkskrankheit – ja oder nein?

Ob uns als Gesellschaft eine zahnmedizinische Kreidezeit ins Haus steht, bleibt abzuwarten. Vieles spricht dafür. Dr. Birgit Oberhuber ist wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen davon überzeugt, dass die Diagnose MIH in den letzten Jahren merkbar zugenommen hat. Das liege nicht nur daran, dass Kinder heute öfter zum Zahnarzt gehen, sagt Oberhuber. Aktuelle Studien bestätigen das.

Information ist wichtig

Dr. Birgit Oberhuber hält es für hilfreich, über die Existenz der Krankheit MIH zu informieren. Eltern sollten wissen, dass sie immer häufiger auftritt bzw. diagnostiziert wird. Außerdem rät sie, kein Risiko einzugehen und Kunststoffflaschen gegen Alternativen aus Glas oder Metall auszutauschen.

Haben Kreidezähne etwas mit der Ernährung zu tun?

Es ist nicht belegt, dass sich die Ernährungsweise maßgeblich auf die frühe Mineralisierung der Zähne auswirkt. Dennoch plädiert Oberhuber für eine ausgewogene, zuckerarme und ballaststoffreiche Ernährung. Regelmäßige Zahnarzt-Besuche, Zahnhygiene und Zahnbewusstsein bildeten eine optimale Voraussetzung für gesunde Zähne. Alles, was den Zähnen zugutekommt, unterstützt auch die Behandlung von Kreidezähnen.

Zora atmet auf. Die Behandlung hat nicht weh getan. In Zukunft wird sie öfter auf diesem Stuhl sitzen. Dann blickt sie auf den Dschungel, den das Praxisteam für die kleinen Patient*innen an die Decke gemalt hat. Zora wird einen neuen Fluorid-Lack bekommen, der ihre Zähne versiegelt. Und der ihr ermöglicht, mit ihrer Mama gelegentlich ein Eis zu essen. Ganz ohne Schmerzen.

Oft gesucht

Seiten

Häufige Fragen

Leistungen

Downloads

Alle Ergebnisse anzeigen